ISO
EIN KURZER ABRISS DER GESCHICHTE VON FERDINAND LEOPOLDER
Nach dem Krieg beginnt die Firma Isothermos, ursprünglich ein Unternehmen, das Kühlräume baute, unter Leitung von Renzo Rivolta Motorräder und Kleinwagen zu bauen.
Über 100.000 Isomotos liefen in Bresso vom Band und erfüllten der italienischen Bevölkerung den ersten Traum von Mobilität und Freizeit. Vor allem der elegante Roller von Iso war sehr erfolgreich und konnte sich mit den viel bekannteren Modellen von Vespa in punkto Qualität und Verlässlichkeit durchaus messen.
Renzo Rivoltas nächstes Projekt war ein Kleinstwagen, das erste authentische Iso-Design: Er sollte sparsam sein und in den Innenstädten nicht zu viel Parkraum benötigen und man sollte gefahrlos ein- und aussteigen können. Es entstand ein kugeliges Gefährt mit drei Rädern (zwei vorn, eines hinten) und einer sich nach vorne öffnenden Türe, an die das Lenkrad und die spärlichen Bedienelemente anmontiert waren: die Isetta. Iso selbst baute nur wenige davon – wegen der Kippeligkeit schon bald mit 2 Rädern hinten, aber den eigentlichen Erfolg schafften die Lizenznehmer. In Brasilien, Spanien, Frankreich, England und Deutschland wurden Isettas gebaut. Am erfolgreichsten war die von BMW umkonstruierte Isetta mit dem 12 PS/250 ccm Motorradmotor. Bis 1962 wurden von diesem „Motocoupé“ (BMW-Bezeichnung) über 130.000 Stück verkauft.
Anfang der sechziger Jahre begann Renzo Rivolta, zusammen mit dem Konstrukteur und Motor-Experten Giotto Bizzarrini (er schuf vorher den legendären Ferrari 250 GTO) an einem Gran Tourismo 2 + 2 Coupé zu arbeiten, das folgende, recht pragmatischen Ansprüche erfüllen sollte: ausreichend Platz für 4 Personen, luxuriöse Ausstattung, herausragende Fahrleistungen und verlässliche Antriebskomponenten. Allzu extravagante Antriebskonfigurationen schieden wegen der hohen Entwicklungskosten aus, man setzte auf den bewährten Frontmotor mit Heckantrieb. Dadurch konnte man aus einer Fülle von hochwertigen Komponenten wählen. Dieses Gesamtkonzept, das für alle weiteren Iso-Modelle annähernd beibehalten wurde, sei hier kurz beschrieben: verwindungssteifes Stahlblechchassis, Einzelradaufhängung vorn, deDion-Hinterachse, 5,5 l V8 Motor von General Motors wahlweise mit Schaltgetriebe oder Automatic, bremskraftverstärkte Scheibenbremsen. Optional gab es für die Isos noch Servolenkung und Air Condition. Auf dem Turiner Autosalon wurde der Iso Rivolta IR 300 (Rivolta GT) 1962 präsentiert.
Giorgetto Giugiaro (er schuf Anfang der siebziger Jahre den VW Golf I) hatte dem Rivolta GT ein klassisches, wenig aggressives Äusseres gegeben, die Karrosserie hatte Bertone gebaut. Die Öffentlichkeit war überrascht: da gab es auf einmal einen Exoten, ein Dream Car für die oberste Käuferschicht, das man auch ohne eigenen Mechaniker über weite Strecken bewegen konnte. Zwei Jahre später wurde das wohl berühmteste Modell von Iso präsentiert: der Iso Grifo. Wieder von Giugiaro entworfen, war der Grifo eine Design-Ikone, deren Linien sich heute noch in den Karrosserien moderner GTs wiederfindet. Die Renn-Version A3C gewann gleich die 24 Stunden von Le Mans in der Klasse über 5 l Hubraum (9. im Gesamtclassement). 1965, Nach dem überraschenden Tod von Renzo Rivolta übernahm Piero Rivolta, erst 26 Jahre alt, das Steuer bei Iso in Bresso. Er schuf 1967 den S 4 (später Fidia genannt), eine 4-türige Limousine, „die schnellsten vier Sitze auf Rädern“ (Iso-Werbung). Es folgte 1969, als Nachfolger des Rivolta GT der Iso Lele, wieder ein 2+2 Coupé.
Zusammen mit Ford (und Sponsor Marlboro) macht Iso Anfang der 70er Jahre auch einen Ausflug in die Formel I. Aber die Auswirkungen der Ölkrise, anhaltender Mißerfolg in den USA und Kaufzurückhaltung bei der gehobenen Käuferschicht in Europa brachten 1974 das Aus für Iso. Mit nur insgesamt ca. 1.750 gebauten Fahrzeugen in 10 Jahren sind die Isos heute wohl die seltensten Fahrzeuge der großen Gran Tourismo-Zeit.